Das Anthropozän verlassen
Wiederherstellung von Ökosystemen & planetarische Regeneration im Ökozän
(Erstversion in Englisch, Übersetzung von Joachim Born für die Estausgabe von ACHRONON Herbst 2021)
Es wird in diesen Tagen viel über das Anthropozän gesprochen. Der Begriff — oder das Mem — wurde von vielen sehr enga- gierten Menschen enthusiastisch aufgegriffen, die sich für eine rechtszeitige Antwort einsetzen, um einen verhängnisvollen Klimawandel und die weitere Verschlimmerung der Krise des sechs- ten Massenaussterbens von Leben auf der Erde zu verhindern.
Wir befinden uns in der Mitte von Ökosystemen, die rund um den Globus kaskadenartig zusammenbrechen. Das Verhalten einiger hat dazu geführt, dass die Menschheit als Ganzes wichtige Grenzen des Planeten überschreitet. Gleichzeitig sind die meis- ten Nationen weit davon entfernt, solide soziale Grundlagen für das menschliche Wohlergehen geschaffen zu haben. Der Klimawandel, der Verlust der biologischen Vielfalt und die stark geschä- digten Ökosysteme sind — zu einem großen Teil — das Ergebnis menschlichen Handelns, ebenso wie das obszöne Ausmaß an Ungleichheit und die strukturell dysfunktionalen Wirtschafts- und Geldsysteme,5,6 die Anreize für Verhaltensweisen schaffen, um die Menschen und den Planeten ausbeuten.
Persönlich habe ich mich mit dem Begriff Anthropozän nie wohlgefühlt. Jetzt, wo er weit verbreitet ist, betrachte ich ihn als ein Übergangs-Mem, das mit Vorsicht zu verwenden ist. Die Sensibilisierung für seine Unzulänglichkeiten weist auf eine Reihe von vorgelagerten Problemen hin.
Die Verwendung des Mems des Anthropozäns trägt zur Fortführung eines artenbezogenen und anthropozentrischen Weltbildes bei. Dies trägt auch ungewollt zu einer Aufrechterhaltung der zutiefst fehlerhaften Unterscheidung zwischen Natur und Kultur bei, die sich durch den westlichen kulturellen und wissenschaftlichen Diskurs zieht.
Das ist paradox, denn viele von denen, die den Begriff Anthropozän in guter Absicht verwenden, versuchen eigentlich, die verheerenden Folgen der kartesianischen Spaltung zwischen Selbst und Welt zu überwinden und anzugehen.
Die Verwendung des Wortes Anthropozän als Epoche nach dem Holozän der letzten 10k Jahre, in der die Menschheit zu einem dominanten Einflussfaktor auf die Ökosysteme und die Gesundheit auf dem Planeten wurde, trägt auch zu einer unangemessenen Schuldzuschreibung an die Menschheit als Ganzes bei.
Der Großteil des Schadens wurde von einem relativ kleinen Teil der Menschheit verursacht — bestenfalls von den wohlhabenden 20 Prozent (und ja, ich bin mir meines Privilegs und meiner Verantwortung bewusst, dazu zu gehören). Die vorliegenden Fakten und historischen Beweise zeigen deutlich, dass ein Großteil der globalen Erwärmung auf einige wenige (hauptsächlich) kolonialisierende Länder und nur 100 internationale Konzerne zurückzuführen ist, die so mächtig wurden wie nationale Volkswirtschaften, indem sie die sozio-ökologischen Kosten ihrer Tätigkeit externalisierten, während sie Lobbyarbeit bei den Regierungen einsetzten, um Regelungen zu schaffen, die Gewinne privatisierten und Kosten sozialisierten.
Ich persönlich fühle mich viel wohler mit Thomas Berrys Vision, dass wir uns in einem Übergang aus dem „sechsten Massenaussterben“ am Ende des Känozoikums befinden und im Begriff sind, in das Ökozoikum als das nächste Kapitel in der Komplexisierung des Lebens als planetarischem Prozess einzutreten.
Je schneller wir es schaffen, das Anthropozän zu durchschreiten,desto größer sind die Chancen für das Leben auf der Erde — die Menschheit eingeschlossen!
Zu Beginn der UN-Dekade für die Wiederherstellung von Ökosystemen (2021–2030) und dem Anbruch des Jahrhunderts der Regeneration können wir uns einen neuen Polarstern setzen — einen Leuchtturm, an dem wir vorbeisegeln und uns bis zum Ende dieses Jahrhunderts verbessern können, wenn wir das Anthropozän verlassen und in das Ökozän eintreten. Rechtzeitig zum 50. Jahrestag des Earth Day (am 22. April 2020), ist hier mein erster Entwurf für ein ‚Manifest der ReGeneration‘ (in Englisch).
das anthroPozän
Der Begriff des „Anthropozäns“ existiert schon seit einiger Zeit und wird von russischen Wissenschaftlern seit den 1960er Jahren verwendet, um unsere gegenwärtige Epoche am Ende einer geologischen Ära zu bezeichnen und zu betonen, dass das Holozän, eine Epoche, die durch relative Klimastabilität und eine Vervielfältigung der Biodiversität und Bioproduktivität gekennzeichnet war, durch den plötzlichen — menschengemachten — Eintritt des „Holozänen Aussterbens“ seinem Ende entgegengeht.
In jüngerer Zeit hat der niederländische Nobelpreisträger für Atmosphärenchemie, Prof. Paul J. Crutzen, den Begriff in die Öffentlichkeit getragen. Anthropozän ist nun der akzeptierte Begriff für die Ära, in der der menschliche Einfluss auf den Planeten so dominant geworden ist, dass unsere Spezies als dominant auf die Biosphäre wahrgenommen werden kann. Crutzen schrieb:
In den letzten drei Jahrhunderten sind die Auswirkungen des Menschen auf die globale Umwelt immer weiter eskaliert. Aufgrund der vom Menschen verursachten Kohlendioxid-Emissionen kann das globale Klima noch viele Jahrtausende lang erheblich vom natürlichen Zustand abweichen. Es scheint daher angemessen, der gegenwärtigen, in vielerlei Hinsicht vom Menschen dominierten geologischen Epoche, die das Holozän — die Warmzeit der letzten 10–12 Jahrtausende — ablöst, den Begriff „Anthropozän“ zu-zuordnen. Man kann sagen, dass das Anthropozän in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann, weil Analysen der im Polareis zu dieser Zeit eingeschlossenen Luft den Beginn wachsender globaler Konzentrationen von Kohlendioxid und Methan zeigen. Dieses Datum deckt sich mit James Watts Konstruktion der Dampfmaschine im Jahr 1784. (Nature 415,23, 2002).
Wir verlassen das Holozän gemeinschaftlich infolge des negativen Einflusses, den ein kleiner Teil der Menschheit auf den Planeten ausgeübt hat, so dass die turbulente Epoche der Zerstörung ange- messener als „Kapitalozän“ und nicht als „Anthropozän“ bezeichnet werden könnte. Das Überleben unserer Spezies und das vieler anderer wird davon abhängen, diese Epoche so kurz wie mög- lich zu gestalten, dadurch dass menschliche Aktivitäten mit der biophysikalischen Realität in Einklang gebracht werden und die menschliche Präsenz auf der Erde von ihrem derzeitigen schädigenden Einfluss zu einer regenerativen umgestaltet wird. Das Aufkommen vielfältiger regenerativer Kulturen überall markiert den Beginn sowohl des Ökozäns als auch des Ökozoikums.
In The Anthopocene Review (2014, vol. 1) äußern Andrea Malm und Alf Hornberg eine der vielen Kritiken, die geäußert wurden:
Das Anthropozän-Narrativ kann hier als ein unlogischer und letztlich selbstschädigender Vorstoß der naturwis- senschaftlichen Gemeinschaft — die für die ursprüngliche Entdeckung des Klimawandels verantwortlich ist — in den Bereich der Humanwissenschaften gesehen werden. Geologen, Meteorologen und ihre Kollegen sind nicht zwingend gut gerüstet, um die Dinge zu untersuchen, die sich zwischen den Menschen (und zwangsläufig zwischen ihnen und dem Rest der Natur) abspielen, denn die Zusammensetzung eines Gesteins oder das Muster eines Jetstreams sind etwas anderes als solche Phänomene wie Weltanschauungen, Eigentum und Macht.
Da nun aber die letzteren Ebenen der irdischen Realität die ersteren prägen, ist eine gewisse erkenntnistheoretische Verwirrung zu erwarten. Vor diesem Hintergrund gleicht der Begriff „Anthropozän“ dem Versuch, die Kluft zwischen dem Natürlichen und dem Sozialen — die in der Realität bereits gründlich miteinander verschmolzen sind — begrifflich zu überbrücken, indem nur von einer Seite her eine Brücke gebaut wird, die den Verkehr allerdings in eine dem eigentlichen Prozess entgegengesetzte Richtung lenkt: Im Klimawandel bestimmen die gesellschaftlichen Verhältnisse die natürlichen Bedingungen; im Anthropozän-Denken dehnen die Naturwissenschaftler ihre Weltanschauungen auf die Gesellschaft aus.
Man kann Malm und Hornberg vielleicht vorwerfen, ihre Kritik so zu formulieren, dass sie als akademische Revierkämpfe wahr- genommen werden könnten, aber ich stimme trotzdem mit ihrer Schlussfolgerung überein, dass der Begriff des Anthropozäns „ei- ner von mehreren theoretischen Rahmen ist, die nicht nur ana- lytisch fehlerhaft, sondern auch hinderlich für das Handeln sind.
Joanna Boehnert, Designwissenschaftlerin, Aktivistin und Autorin des aufschlussreichen Buches „Design, Ecology, Politics — Towards the Ecocene“, hat in einem kürzlich erschienenen Arti- kel 16 einen kurzen Überblick über die verschiedenen Kritiken am „Anthropozän“-Rahmenwerk gegeben:
Während der Begriff rhetorische Kraft hat, um die Auf- merksamkeit auf den Erd-Systemwandel zu lenken, wur- de das Konzept von Theoretikern wie Jason Moore (2014, 2015), Bruno Latour (2014), Donna Haraway (2015) und Andrea Malm (2015) dafür kritisiert, dass es unkritisch westliche Rationalität, Imperialismus und damit verbun- dene anthropozentrische Annahmen reproduziert. Kri- tische Theoretiker argumentieren, dass die ökologisch zerstörerische Entwicklung nicht ein Ergebnis der Handlungen von 7,6 Milliarden Menschen auf dem Planeten ist, sondern ein Ergebnis der Systemstrukturen (in Form von sozialen und politischen Institutionen) und minoritären Eliten, die bestimmen, wie wir alle leben. Die wissenschaftliche Einordnung lässt nicht nur die sozialen und strukturellen Dynamiken außer Acht, die ökologische Krisen vorantreiben — sie verschleiert diese Kräfte auch, indem sie dem „Anthropos“ als Ganzem die Schuld gibt. Obwohl es eindeutig ein mächtiges Konzept ist, das dazu beiträgt, die Aufmerksamkeit auf noch nie dagewesene, folgenreiche globale Herausforderungen zu lenken, ist das Anthropo- zän-Framing allein unzureichend in Bezug auf seine Fähigkeit, angemessene Antworten zu generieren.
Jody bevorzugt die Verwendung des Wortes „Ökozän“, aufbauend auf der Arbeit von Rachel Armstrong, die 2015 vorschlug, „dass es für uns keinen Vorteil hat, das Anthropozän in die Öffentlichkeit zu bringen. Der Mythos des Anthropozäns hilft uns nicht weiter. Wir müssen unsere Welt neu imaginieren, um das Ökozän zu ermöglichen.“ Boehnert argumentiert, dass „das Ökozän von einer Neuausrichtung der politischen Ökonomie des Designs abhängt — so dass die Prioritäten des Designs auf die Erhaltung des Kontexts der menschlichen Existenz ausgerichtet werden, und nicht auf die Akkumulation von Kapital für einige wenige.“ Sie schlägt vor:
Regenerative, dezentralisierte, umgesteuerte und designte Ökonomien, die für die Herausforderungen des Anthro- pozäns, des Kapitalozäns und des Ökozäns geeignet sind, sind eine Antwort auf unterschiedliche Aspekte der globa- len Umweltprobleme. Während das wissenschaftliche An-thropozän beschreibt, was mit den Erd-Systemen passiert, wenn sie durch menschliche Aktivitäten verändert werden, beschreibt das kritische Kapitalozän die strukturellen Dy- namiken, die die Umweltprobleme vorantreiben, und das Ökozän generiert einen Rahmen für designte Übergänge.
Um es klar zu sagen: Ich schätze die hervorragende Arbeit, die von den vielen Menschen geleistet wird, die den Begriff Anthropozän verwenden und die darauf abzielen, den negativen Einfluss des Menschen auf die sozio-ökologischen Systeme (Socio-Ecologcial-Systems, SES) auf der ganzen Welt schnell anzugehen und neu zu gestalten. Mit dieser Kritik versuche ich lediglich, uns an die gedanklichen Fallen und das konzeptionelle Gepäck dieses Rahmens zu erinnern, und möchte darauf drängen, dass wir die Ver- wendung dieses Konzepts mit einer Kritik seiner Beschränkungen verbinden.
Eine Möglichkeit, dies zu tun, ist, zu betonen: je kürzer das Anthropozän ist, desto eher werden wir in das ökozoische Zeitalter eintreten, das dadurch gekennzeichnet sein wird, dass wir in die Familie des Lebens heimkehren, indem wir wie die [und als]Natur designen, also Bedingungen schaffen, die dem Leben förderlich sind.
das ökozoische zeitalter
Ich schlage den Namen „Ökozoikum“ als bessere Bezeichnung vor als „ökologisch“. Ökologisch bezieht sich auf ein Verständnis der Wechselwirkung der Dinge. Öko-zoisch ist ein eher biologischer Begriff, der auf das integrale Funktionieren von Lebenssystemen in ihren sich gegenseitig verstärkenden Beziehungen hinweisen kann. Das ökozoische Zeitalter kann nur durch die integrale Lebensgemeinschaft selbst ins Leben gerufen werden. — Thomas Berry
Thomas Berry schlägt vor, dass wir für einen effektiven und schnel- len Übergang in dieses ökozoische Zeitalter eine Reihe von Rah- menbedingungen benötigen:
DIE BEDEUTENDEN VORAUSSETZUNGEN FÜR DAS ÖKOZOISCHE ZEITALTER
1. Die Erde ist eine Gemeinschaft von Subjekten, nicht eine Ansammlung von Objekten.
2. Die Erde kann nur in ihrem integralen Funktionieren existieren und überleben. Sie kann nicht in Fragmenten überleben, genauso wenig wie ein Organismus in Fragmenten überleben kann. Dennoch ist die Erde keine globale Gleichartigkeit. Sie ist eine differenzierte Ganzheit und muss in der Integrität und den Wechselbeziehungen ihrer vielen bioregionalen Ausdrucksformen aufrecht- erhalten werden.
3. Die Erde ist ein einmaliges Geschenk. Sie kann in ihren wichtigsten Funktionsweisen irreversibel geschädigt werden.
4. Der Mensch ist nur ein Abkömmling, die Erde ist primär. Die Erde muss das Hauptanliegen aller mensch- lichen Institutionen, Berufe, Programme und Aktivitäten sein. In der Wirtschaft zum Beispiel muss das erste Gesetz die Erhaltung des Haushalts der Erde sein. Ein steigendes Bruttoinlandsprodukt bei einem sinkenden Bruttoerdprodukt offenbart die Absurdität unserer heutigen Wirtschaft. In der Medizin sollte es klar sein, dass wir keine gesunden Menschen auf einem kranken Planeten haben können.
5. Das gesamte Funktionsmuster der Erde wird beim Übergang vom Känozoikum zum Ökozioikum verändert. Die großen Entwicklungen des Känozoikums vollzogen sich völlig losgelöst von jeglichem menschlichen Eingriff. Im Ökozoikum wird der Mensch einen umfassenden Einfluss auf fast alles haben, was geschieht. Der Mensch kann zwar keinen Grashalm machen, aber es wird wohl auch keinen Grashalm geben, der nicht vom Menschen akzeptiert, geschützt und gefördert wird. Unsere positive Gestaltungskraft in den natürlichen Lebenssystemen ist minimal, während unsere negierende Kraft immens ist.
6. Fortschritt, der gültig sein will, muss die gesamte Erde in all ihren Bestandteilen einschließen. Die menschliche Ausplünderung des Planeten als Fortschritt zu bezeichnen, ist eine unerträgliche Verzerrung.
7. Das Ökozoikum kann nur durch die Wertschätzung der weiblichen Dimension der Erde entstehen, durch die Befreiung der Frauen von den Unterdrückungen und Einschränkungen, die sie in der Vergangenheit erduldet haben, und durch die gemeinsame Verantwortung von Frauen und Männern für den Aufbau einer integralen Erdgemeinschaft.
8. Im Ökozoikum kommt sowohl der Wissenschaft als auch der Technologie eine neue Rolle zu. Die Wissenschaft muss ein ganzheitlicheres Verständnis für das Funktionieren der Erde vermitteln und dafür, wie menschliche Aktivitäten und Aktivitäten auf der Erde sich gegenseitig verstärken können. Insbesondere unsere biologischen Wissenschaften müssen ein „Gefühl für den Organismus“ entwickeln, ein größeres Gespür für die ultimativen Subjektivitäten, die in den verschiedenen Lebewesen der Erde vorhanden sind. Unsere menschlichen Technologien müs- sen kohärenter mit den Technologien der natürlichen Welt werden.
9. Neue ethische Prinzipien müssen entstehen, die die absoluten Übel des Biozids und des Geozids ebenso wahrnehmen wie die anderen Übel, die sich direkter auf den Menschen beziehen.
10. Es bedarf einer neuen religiösen Sensibilität, die die heilige Dimension der Erde anerkennt und die natürliche Welt als die primäre Manifestation des Göttlichen akzeptiert.
11. Eine neue Sprache, eine ökozoische Sprache, wird benötigt. Unsere Sprache ist grundlegend unzureichend. Ein neues Wörterbuch sollte zusammengestellt werden, mit neuen Definitionen bestehender Wörter und einer Einführung neuer Wörter für die neuen Seins- und Funktionsweisen, die sich herausbilden.
12. Psychologisch erlangen alle Archetypen des kollektiven Unbewussten eine neue Gültigkeit und ein neues Funktionsmuster, insbesondere in unserem Verständnis der Symbole des Lebensbaums, der Heldenreise, Tod und Wiedergeburt, des Mandalas und der Großen Mutter.
13. Neue Entwicklungen sind im Ritual, in allen Kunst-formen und in der Literatur zu erwarten. Besonders im Drama liegen außerordentliche Möglichkeiten in den monumentalen Themen, die in dieser Zeit bearbeitet werden. Die Konflikte, die bisher einfach innerhalb des menschlichen Dramas angesiedelt waren, werden durch die erwe terten Konturen des Konflikts, wie sie sich in diesem erstaunlichen Übergang vom terminalen Känozoikum zum entstehenden Ökozioikum abzeichnen, erheblich vergrößert. Wir haben es mit epischen Dimensionen zu tun, die alles übersteigen, was bisher unter diesem Begriff ausge- drückt wurde.
14. Die Milderung der gegenwärtigen ruinösen Situa- tion, die Wiederverwertung von Materialien, die Verringerung des konsumptiven Verbrauchs, die Heilung geschädigter Ökosysteme — all das wird vergeblich sein, wenn wir diese Dinge tun, um die gegenwärtigen industriellen Systeme akzeptabel zu machen. Das alles muss getan wer- den, aber im Hinblick auf den Aufbau einer neuen Ord- nung der Dinge. (Quelle: Thomas Berry21, Centre for Eco- zoic Studies)
Lasst uns das ökozän einziehen und das Anthropozän Verlassen!
Bevor wir verschiedene kulturelle Ausdrucksformen in Musik, Kunst, Theater und Literatur schaffen, die erforschen, was es bedeutet, im Anthropozän ein Mensch zu sein, glaube ich, dass wir besser daran täten, uns wieder mit dem Universum und dem Leben als „Gemeinschaft der Subjekte“ zu verbinden und die kultu- rell kreative Kraft der Künste zu nutzen, um neu zu erzählen, was es bedeutet, voll und ganz Mensch zu sein in koevolutiver Gegenseitigkeit mit dem Leben als einem planetarischen Prozess.
Lasst uns so schnell wie möglich das Ökozän einziehen. Das Anthropozän ist ein evolutionärer Irrweg oder eine potenzielle evolutionäre Sackgasse für eine arrogante Spezies voller Hybris. Als ob es nicht schon arrogant genug wäre, uns Homo sapiens sapiens zu nennen, angesichts der fehlenden Beweise, dass wir es überhaupt schaffen, auf diesem Planeten auch nur einen Bruchteil der Zeit zu überleben, die viele andere Arten um uns herum ge- schafft haben. Jetzt kommt noch die Hybris hinzu, eine ganze Epoche nach uns zu benennen, die vielleicht unsere letzte sein wird.
Nur wenn wir in die Gemeinschaft des Lebens heimkehren — ein planetarischer Prozess, der Bedingungen schafft, die dem Le- ben förderlich sind — ist es wahrscheinlich, dass wir als Spezies lange genug leben, um die weitere Entfaltung der evolutionären Reise des Lebens mitzuerleben. Es liegt Klarheit und Weisheit in Thomas Berrys Erinnerung, dass „das ökozoische Zeitalter nur durch die integrale Lebensgemeinschaft selbst ins Leben gerufen werden kann.“
Es ist an der Zeit, dass wir alle eine Rolle bei der Regeneration der Gesundheit, Ganzheit und Vitalität dieser Gemeinschaft spie- len, von der unsere gemeinsame Zukunft abhängt. Die Ko-Kreation verschiedener regenerativer Kulturen, die sich kooperativ für die Heilung der Erde und ihrer Menschen einsetzen, ist die einzig brauchbare Überlebensreaktion, während wir uns in die planetarische ökozoische Epoche bewegen.
(Erstversion in Englisch, Übersetzung von Joachim Born für die Estausgabe von ACHRONON Herbst 2021)
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Daniel Christian Wahl — Im Anbetracht der konvergenten Krisen die auf die Menschheit hereinbrechen katalysiere ich transformative Innovation, durch Bildungsarbeit, Medienarbeit, Beratung für Firmen, Universitäten und Regierungen im Bereich Gestaltung ganzheitlicher Systeme und Strategiegen als auch regenerativer Entwicklung auf lokaler, regionaler und globaler Ebene.
BSc. Biology (Hons. Zoology) University of Edinburgh & University of California Santa Cruz, MSc. Environmental Science (Holistic Science) Plymouth University & Schumacher College, PhD. Design for Sustainability University of Dundee; Autor des international erfolgreichen Buches ‘Designing Regenerative Cultures’, Co-Autor des ‘Design for Sustainability’ online-Kurses von Gaia Education als auch der ‘SDG Flashcards’ und des ‘Training of Multipliers’.